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Fritz Göthel

Fritz Arthur Göthel wurde am 19.Januar 1921 als uneheliches Kind von Marie Frieda Reinhardt in Nossen/ Sachsen geboren. Im Alter von vier Jahren erklärte ihn der natürliche Vater, der Landtagsamtmann Franz Arthur Göthel, für ehelich. Seitdem wuchs Fritz bei seinem Vater und dessen Ehefrau Gertrud, geb. Felchner auf. Die Familie wohnte in Dresden und die Eltern haben beide den Zeiten Weltkrieg in Dresden überlebt.

Nach der Volkschule ging Fritz Göthel 1935 bei einem Bäckermeister in die Lehre. Er hielt es wohl in keiner Arbeitsstelle lange aus und ließ sich zu Diebereien hinreißen. Deshalb brachte der Vater den Sohn 1936 „zur Beobachtung“ ins Stadtkrankenhaus Löbtauer Straße. Mit Beschluss vom 9. Januar 1936 wurde die vorläufige Fürsorgeerziehung über den Jugendlichen beschlossen; am 14. Dezember 1936 durch Beschluss des Jugendgerichtes die endgültige Fürsorgeerziehung erklärt. Fritz kam ins Erziehungsheim nach Klingenberg.

Im März 1938 setzte Göthel seine Lehre bei Bäckermeister Starke in Dresden fort, machte sich jedoch nach drei Wochen mit zehn Reichsmark Kundengeld und dem Fahrrad des Meisters davon. Nach weiteren Strafverfahren, die eingestellt wurden, verurteilte das Jugendschöffengericht Dresden ihn am 20. Oktober 1938 wegen Diebstahls in zwei Fällen zu drei Monaten Gefängnis, die er durch die Untersuchungshaft verbüßt hatte.

Im Frühjahr 1939 kam er im Rahmen des Arbeitsdienstes als Tiefbauarbeiter an den Westwall und ist dort weggelaufen. Das Jugendschöffengericht Trier verurteilte Göthel wegen Verletzung der Arbeitspflicht am 25. August 1939 zu drei Monaten Gefängnis. Aufgrund der Führeramnestie vom 9. September 1939 wurde Fritz Göthel die Strafe erlassen. Bei seinem Verlassen des Westwalls hatte er einen Straßenraub bei Prüm begangen: Er hatte einer Frau das Tragen ihrer Tasche angeboten und war mit der Tasche davongelaufen. Deshalb verurteilte die große Strafkammer des Landgerichts Trier ihn zu einem Jahr und 9 Monaten Gefängnis. Die Strafe verbüßte er bis zum 30. Dezember 1940 in Wittlich.

Bis zu seiner Einberufung am 4. März 1941 ging er zu seinem Vater nach Dresden. Fritz Göthel wurde zur 1. Funk-Ersatz-Kompanie Nachrichten Ersatz Abteilung 4 in Dresden eingezogen und am 15.März als Funker zur 3. Fernsprech-Ersatz-Kompanie Nachrichten Ersatz-Abteilung IV versetzt. In der darauffolgenden Woche durften die Soldaten der Einheit zur einer Veranstaltung anlässlich des „Tags der Wehrmacht“ in Dresden gehen. Göthel ging bis 22 Uhr in die elterliche Wohnung und streifte dann in der Stadt umher. Er wurde zu einem Bier eingeladen und beschloss, nicht wieder in die Kaserne zurückzukehren. Die Nacht verbrachte er in einem Straßenbahn-Wartehäuschen, dann in einem Übernachtungsheim des Roten Kreuzes und schließlich im Freien. Tagsüber war er im Kino und einmal im Zirkus Sarassani. Vom 26. auf den 27. März übernachtete er wieder in einem Straßenbahnhäuschen und wurde am Morgen von Polizisten dort aufgegriffen und zu seiner Truppe gebracht.

Göthel wurde im Militärgefängnis inhaftiert. Das Feldgericht der Division 154 verurteilte ihn (St.L. IIId, Nr. 105/41) am 18. April 1941 wegen Fahnenflucht zu vier Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust. Bei der Strafzumessung sei zu berücksichtigen gewesen, „dass Göthel aus Abenteuerlust und jugendlicher Unüberlegtheit gehandelt habe. Da er nicht ins Ausland flüchten wollte und auch keine Verbrechen während seiner Fahnenflucht begangen habe, sei von der Todesstrafe abzusehen.“ Der Gerichtsherr (der Divisionskommandeur) bestätigte am 24. April das Urteil.

Am 10. Mai 1941 ersuchte der Oberstaatsanwalt Dresden die Strafanstalt Lingen um Aufnahme von Fritz Göthel in die Emslandlager als Moorsoldat. Dort hatte Fritz Göthel bei der Einlieferung ein Körpergewicht von 62 Kilogramm. Am 3. August teilte das Revier (Krankenabteilung) des Strafgefangenenlagers II Aschendorfmoor mit, dass der Strafgefangene „Göthel, Fritz Gefangenennummer. 428/41 (…) nicht für den Lagervollzug geeignet“ sei, er leide an Unterernährung (handschriftlich) und sei „nicht moorfähig“. „Der Rücktransport ist einzuleiten.“

Am 16. September 1942 um 15 Uhr wurde er im Zuchthaus Waldheim (Zugangsnummer 1586) eingeliefert. Nun war als Beruf Bauarbeiter angegeben. Seine Habseligkeiten aus Aschendorfermoor bei Papenburg: „1 Kamm, 2 Bürsten,1 Foto, 1 Geldtasche, 2 Taschentuch, 1 Hosenträger, 1 Thiel-Armbanduhr m. Lederband“ werden ihm wieder ausgehändigt. Als er im Zuchthaus Waldheim ankam, wog er bei einer Körpergröße von 165 cm nur noch 47 Kilogramm. Seine sechs Briefe aus Waldheim an die Eltern zu je ½ Briefbogen sind mit Absendedaten ebenfalls registriert. Am 16.Januar 1943 wurde noch eine Hausstrafe von fünf Tagen Arrest wegen „Ungebühr“ verhängt, bevor Fritz Göthel am 8. Juli 1943 durch das Wehrbezirkskommando Döbeln mit anderen Gefangenen wieder zum Wehrdienst abgeholt wurde.

Sein letzter Truppenteil war das 3. Festungs-Infanterie-Bataillon XV/999 in Baumholder. Am 26. November 1943 abends um 18 Uhr 40 wurde Fritz Göthel vom Standort Heuberg der Division 465 ins Gefängnis Stuttgart gebracht. Das Kriegsgericht der Division 465 hatte ihn am 26. August 1943 wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt (Aktenzeichen St.L. 263/43). Am 17. Januar 1944, 14 Uhr, wurde er aus der Haftanstalt Stuttgart nach Ludwigsburg verlegt und am 18. Januar 1944 um 16.30 Uhr mit vier weiteren fahnenflüchtigen Soldaten erschossen und anschließend begraben. Dem Wehrbereichskommando Dresden I wurde er als „entlassen“ gemeldet. Das Standesamt Ludwigsburg beurkundete den Sterbefall am 28. August 1944.

Quellen:
StA LB L 67 Bü. 39 und 41
StaatsA LB EL 902/20, Bü 79227-2, Bild 23
StaatsA LB EL 335 Bü 67 u. 68
StaatsA LB EL 20/1 VI Bü 165
Sächsisches StaatsA Leipzig 1586/42443 Personalakten Zuchthaus Waldheim
BArch-PA B563-1 Kartei G- 1533/36
BArch-PA B563-2 Kartei der Verlust- und Grabmeldungen gefallener deutscher Soldaten 1939-1945


Foto: Fritz Göthel nach seiner Verhaftung · Bildquelle: Sächsisches Staatsarchiv, 20036 Zuchthaus Waldheim, Nr. 14042




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